Romain Miginiac von Atlanticomnium erörtert die soliden Fundamentaldaten europäischer Banken und seinen neuesten Standpunkt zur Bewertung des Verlängerungsrisikos.
20. November 2024
Wir sind der Meinung, dass es für „Anleihegläubiger“ nie einen besseren Zeitpunkt gab, um in nachrangige Schuldverschreibungen von Unternehmen des Finanzsektors zu investieren. Sie sollten auf Basis grundsolider Fundamentaldaten von einem Rentabilitätsschub profitieren. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, dürfte die Eigenkapitalrendite (ROE) des Bankensektors in den nächsten zwölf Monaten auf einem hohen Niveau verharren. Vor der deutlichen Anhebung der Zinssätze lag die Eigenkapitalrendite bei etwa sechs bis sieben Prozent. Nunmehr erwarten wir in absehbarer Zeit eine Eigenkapitalrendite von zehn Prozent oder mehr.
Abbildung 1: Europäische Banken dürften in den nächsten zwölf Monaten eine komfortable zweistellige Eigenkapitalrendite erzielen
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die künftige Wertentwicklung und aktuelle oder künftige Trends. Die Ansichten sind die des Managers und können sich ändern.
Abbildung 2: Die Gewinne und Kapitalpuffer der EU-Banken sind in den letzten zehn Jahren um etwa 350 Mrd. EUR auf ein Rekordhoch von rund 750 Mrd. EUR gestiegen
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die künftige Wertentwicklung und aktuelle oder künftige Trends. Die Ansichten sind die des Managers und können sich ändern.
Abbildung 2 veranschaulicht den aggregierten Gewinnpuffer, der die Höhe des Gewinns vor Steuern des europäischen Bankensektors in den letzten Jahren darstellt. Dieser Puffer dient Anleihegläubigern als erste Schutzmassnahme und schirmt sie gegen Verluste ab. Im Durchschnitt hat sich dieser Puffer von rund 100 Mrd. EUR auf fast 250 Mrd. EUR mehr als verdoppelt und bietet Anleihegläubigern zusätzliche 150 Mrd. EUR Schutz. Darüber hinaus hat der Sektor weitere 250 Mrd. EUR an überschüssigem Common-Equity-Tier-1-(CET1-)Kapital angesammelt und damit mehr als 500 Mrd. EUR erreicht, was die Position der Anleihegläubiger im europäischen Finanzsektor zusätzlich stärkt.
Mit Blick auf die Bewertungen erscheinen die Spreads der auf Dollar lautenden, das Kernkapital ergänzenden (AT1)bedingten Pflichtwandelanleihen (Cocos) vor dem Hintergrund der starken Mit Blick auf die Bewertungen erscheinen die Spreads der auf Dollar lautenden, das Kernkapital ergänzenden (AT1)bedingten Pflichtwandelanleihen (Cocos) vor dem Hintergrund der starken Fundamentaldaten des Sektors weiterhin relativ attraktiv. Derzeit liegen die Renditeaufschläge bei rund 310 Basispunkten (bps). Die Kreditmärkte neigen jedoch zu einer gewissen Zyklizität. So lagen die Spreads nach dem Debakel bei der Credit Suisse (CS) bei 500 bis 600 Basispunkten oder mehr. Aktuell befinden wir uns am unteren Ende der Spanne. Im Jahr 2021, Anfang 2020 und Anfang 2018 lag der Tiefpunkt der Spreads bei rund 270 Basispunkten. Aus diesen Gründen halten wir eine gewisse Vorsicht für angebracht.
Abbildung 3: EUR-IG-Finanztitel bieten im Vergleich zu Nicht-Finanztiteln weiterhin attraktive Renditen
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die künftige Wertentwicklung und aktuelle oder künftige Trends. Die hier geäusserten Ansichten sind die des Managers und können sich ändern.
EUR-Finanztitel mit Investment-Grade-Rating (IG) bieten im Vergleich zu Nicht-Finanztiteln immer noch attraktive Renditen. Bei gleichem Rating und gleicher Laufzeit weisen sie deutlich höhere Renditen und Spreads auf, insbesondere bei Tier-2-Anleihen mit Investment-Grade-Rating.
Warum wir unsere AT1-CoCos-Bestände reduziert haben
Nach dem CS-Ereignis haben wir unsere Bestände an AT1-CoCos erheblich aufgestockt, und zwar je nach Strategie von etwa 15 bis 30 Prozent auf etwa 50 bis 60 Prozent. Wir nutzten die extrem günstigen Bewertungen und sicherten uns zweistellige Renditen bei erstklassigen Emittenten wie BBVA und BNP Paribas. Unserer Meinung nach war das eine klare Sache, da wir von AT1-CoCos äusserst attraktive Renditen erwarteten. Nachdem wir nun eine enorme Rallye erlebt und den grössten Teil des Aufwärtstrends mitgenommen haben, hat sich unsere Strategie zu einer defensiveren Haltung gewandelt. Folglich haben wir unsere Bestände an AT1-CoCos von etwa 50 bis 60 Prozent auf ca. 15 Prozent reduziert und hauptsächlich in Tier-2- und vorrangige unbesicherte Anleihen umgeschichtet.
Dieser Ansatz mindert das potenzielle Abwärtsrisiko. Darüber hinaus können wir die potenzielle Marktvolatilität nutzen, indem wir diese Strategie umkehren, von Senior- und Tier-2-Anleihen wieder in AT1-CoCos umschichten und einen Teil unserer Barreserven einsetzen, sofern sich die Marktbedingungen ändern.
Verlängerungsrisiko
Unser bevorzugter Indikator für die Positionierung ist das Verlängerungsrisiko, wie es in einem früheren Beitrag mit dem Titel „Kapitalisierung des Verlängerungsrisikos bei AT1-Anleihen" beschrieben wurde. Er zeigt den Prozentsatz der AT1-CoCos, die entweder als unbefristet oder zum Kündigungstermin bewertet sind. Dieser Prozentsatz erreicht in der Regel einen Höchstwert von etwa 100 Prozent, wenn die Marktbedingungen dürftig sind und die Stimmung extrem negativ ist, wie beispielsweise 2016, 2020 und beim Einmarsch Russlands in die Ukraine 2022. Umgekehrt tendiert dieser Prozentsatz bei guten Marktbedingungen und engen Spreads gegen Null, was darauf hindeutet, dass die Bewertungen am niedrigsten sind.
Während der Covid-Pandemie lag der maximale Wertverlust für AT1-CoCos beispielsweise bei rund 30 Prozent, im Vergleich zu etwa 1 Prozent für Tier-2- oder Senior-Anleihen. Dies wirft die Frage auf, ob die zusätzliche Rendite von etwa 1 bis 1,5 Prozent den zusätzlichen potenziellen Wertverlust von 20 Prozent wert ist. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist.
Derzeit liegt das Verlängerungsrisiko bei etwa zehn Prozent, was darauf hindeutet, dass der grösste Teil des Aufwärtspotenzials bereits eingepreist ist und die Renditen asymmetrischer werden, wobei das Abwärtsrisiko grösser ist als das Aufwärtspotenzial. Diesem Indikator zufolge ist es unserer Meinung nach günstiger, eine konservativere Positionierung einzunehmen. Wie das Sprichwort sagt: „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich". Die Kreditmärkte bleiben zyklisch, und obwohl die Spreads eng und die Bewertungen nicht besonders überzeugend sind, können wir immer noch eine attraktive Rendite anvisieren, während wir gleichzeitig eine defensive Strategie beibehalten.
Romain Miginiac ist Co-Manager der Strategien „Credit Opportunities" und „Sustainable Climate Bond" bei GAM Investments.
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