Die Veränderungen in der US-Handelspolitik mögen die Aktien von Luxusmarken unter Druck gesetzt haben, aber Flavio Cereda, Investment Director der Luxury-Brands-Strategie, sieht die Performance selektiver und erwartet, dass eine Abschwächung milder ausfallen wird als befürchtet.
11. Juni 2025
Ich war im Mai in Paris, um an zwei grossen Luxuskonferenzen teilzunehmen, mich mit 15 Unternehmen zu treffen und etwa ein Dutzend Veranstaltungen und Präsentationen zu besuchen. Diese Veranstaltungen finden jedes Jahr statt und haben sich in der Vergangenheit als sehr bedeutend erwiesen - waren sie es auch dieses Mal?
Ja und nein. Wie immer gab es gute und schlechte Aktien.
Wo stehen wir also bei den Schlüsselkennzahlen?
Wir haben unsere Wachstumsprognosen für den Sektor im April von drei bis vier Prozent auf ein bis zwei Prozent gesenkt, nachdem die USA Zölle angekündigt hatten und es zu entsprechenden Turbulenzen kam. Das Problem sind nicht die Zölle an sich, sondern die möglichen Auswirkungen auf die US-Konsumenten. Nach der Teilnahme an den Konferenzen in Paris sehe ich keinen Grund, diese Annahme zu ändern. Die Stimmung war zurückhaltend, also genau wie erwartet.
Verlangsamen sich die US-Ausgaben?
Im Luxussegment hängt das vor allem von der Qualität der Verbraucher und der Dynamik der Marken ab. Allerdings haben wir eine gewisse Abschwächung gesehen, da der Markt eine Verlangsamung erwartet, die bisher noch nicht eingetreten ist.
In gewisser Weise warten wir alle auf „Godot“. Wir glauben, dass es zu einer Abschwächung kommen wird, die jedoch weniger stark ausfallen könnte als befürchtet. Wir rechnen also mit einer Verlangsamung der US-Konsumausgaben, aber das Ausmass bleibt ungewiss. Klar ist, dass wir Qualitätswerte mit einer gewissen Dynamik bevorzugen. Wir prognostizieren nun ein Wachstum von zwei Prozent für den amerikanischen Konsumsektor, angetrieben von einem Wachstum von vier bis fünf Prozent bei den Ausgaben ausserhalb der USA. Angesichts der Volatilität nach den Zollstreitigkeiten haben wir unser Engagement von 40 Prozent auf 34 Prozent reduziert, da wir davon ausgehen, dass die Unsicherheit noch einige Zeit anhalten wird.
Verbessert sich die Lage in China?
Noch nicht wirklich, aber die Zeichen für das zweite Halbjahr entwickeln sich zunehmend positiv. Die jüngsten Gespräche mit Marken und vor allem mit Betreibern von Einkaufszentren sind leicht ermutigend, und die Vergleichszahlen erscheinen sehr moderat. Zur Erinnerung: Das Problem liegt im Verbrauchervertrauen, nicht in der Kaufkraft der Konsumenten. Die chinesischen Verbraucher sind nach wie vor eine wohlhabende Bevölkerungsgruppe mit erheblichen Ersparnissen. Die Frage ist, wann und wo sie ausgeben werden. Es findet kein strukturelles Umdenken statt, aber es gibt eine Verschiebung der Nachfrage. Die wirtschaftliche Unsicherheit hat die Wertvorstellungen verändert, und für einige Marken ist das Angebot einfach nicht mehr attraktiv.
Wir prognostizieren weiterhin ein Wachstum von null Prozent für den chinesischen Cluster (gegenüber minus fünf Prozent im letzten Jahr), verglichen mit minus vier bis minus fünf Prozent für China insgesamt. Wir glauben, dass es hier noch Aufwärtspotenzial gibt. Vor diesem Hintergrund haben wir unser Engagement von 33 Prozent auf 38 Prozent erhöht, was dem Stand vom letzten Sommer entspricht.
Wie sieht es mit Europa aus?
Der europäische Verbraucher dürfte in diesem Jahr eher stagnieren oder leicht rückläufig sein. Europa wird jedoch weiterhin von den Ausgaben der Touristen profitieren, die unserer Einschätzung nach um drei bis fünf Prozent steigen könnten, möglicherweise sogar noch mehr, wenn die Touristenströme aus den USA stark bleiben. Das Preisgefälle bleibt ein wichtiger Faktor: In Mailand kann man 30 bis 35 Prozent gegenüber New York sparen, und wenn die Zölle bestehen bleiben, sogar über 40 Prozent.
Noch ein Wort zu den Zöllen: Im Luxussegment geht es nicht um die Zölle an sich. Die bestehenden Zölle lagen bereits bei 15 Prozent, und die vorgeschlagenen zusätzlichen zehn Prozent beziehen sich auf den Verrechnungspreis - nicht auf den Einzelhandelspreis. Nach unserer Schätzung würde dies zu einer Erhöhung der Einzelhandelspreise um drei bis vier Prozent führen, die viele Marken bereits umsetzen. Das eigentliche Problem sind die möglichen Auswirkungen auf das Verbrauchervertrauen, weshalb wir unsere zuvor dargelegte vorsichtige Haltung beibehalten. Vielleicht ist ein schwächerer Dollar bei Licht betrachtet die grössere Sorge.
Wie hat sich unser Ausblick entwickelt?
Wir haben unsere Einschätzung angepasst, um den komplexeren globalen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Während einige Regionen weiterhin mit Gegenwind zu kämpfen haben, gibt es ermutigende Anzeichen für eine robuste Konjunktur, insbesondere bei den chinesischen Verbrauchern, wo sich eine Dynamik zu entwickeln beginnt. Wir konzentrieren uns weiterhin auf die Identifizierung von Marken mit einer starken Performance und der Fähigkeit, Unsicherheiten zu überwinden. Wir sind zuversichtlich, dass Qualität und Selektivität auch in der nächsten Phase des Zyklus die Renditen treiben werden.
Flavio Cereda verwaltet die Strategie „Luxury Brands Equity" bei GAM Investments.